Meine inspirierende Reise durch fünf Kunstmuseen Tokyos

Im März verbrachte ich zwei Wochen in Tokyo. Während meines Aufenthalts wollte ich natürlich japanische Kunst sehen, weil sie sich wesentlich von der westlichen Kunst unterscheidet. Das stellte sich als gar nicht so leicht heraus…

Die vorübergehenden Schließungen machten mir die Touren in die Museumswelt nicht so einfach wie gedacht. Während meines Aufenthalts bereiteten das Museum of Contempory Art Tokyo und das Artizon Museum Tokyo eine neue Ausstellung vor und das historische Edo Museum in Sumida City war ganz geschlossen.

Edo Museum geschlossen

Schade, ich hätte gern mehr über die Edo-Zeit erfahren.

Die genannten Museen hätte ich von meiner Unterkunft aus fußläufig erreichen können. Das Metronetz in Tokyo ist sehr gut. Je nach Verbindung und Uhrzeit fahren die Bahnen alle paar Minuten. Aber die Stadt ist groß und so kostet es mit Umsteigen mal eine gute Stunde bis zum anderen Teil der Stadt.

Das hielt mich jedoch nicht davon ab, mir die folgenden Museen genauer anzusehen.

1. Tuschezeichnerei im Idemitsu Museum in Tokyo

Idemitsu Museum Schild klein Das Idemitsu Museum besuchen nur Menschen, die dort hin wollen. Ich bin zuerst suchend vorbeigelaufen. Es befindet sich mitten in einer Straße von Bürogebäuden. Ein kleines Schild über dem Eingang verrät, dass es da ist. Ein Portier fährt die Besucher mit dem Fahrstuhl in den 9. Stock.

Das Idemitsu Museum war eins der Highlights. Es war klein, sehr ruhig und die Ausstellung “Ike Taiga: Landscape of Sunlight” hat mir sehr gut gefallen. Taigas Kunst war genau das, was ich mir zu sehen erhofft hatte.

Ike Taiga

Arbeit von Ike Taiga

Taiga (1723-76) ist ein japanischer Künstler aus der Edo-Epoche, der sich die chinesische Tuschezeichnerei zu eigen gemacht hat. Er war einer der berühmtesten Künstler seiner Zeit und zeichnete schon mit fünf Jahren beachtliche Werke. Er war sechs als seine Kalligrafiekünste dem Kyoter Klerus auffielen. Mit 20 Jahren war er bereits ein bekannter gut verdienender Künstler. Mehr Infos auf zum Künstler auf Japantimes

Seine Landschaften tragen das weiche Sonnenlicht vom Frühling in sich und haben in ihrer Darstellung etwas sehr Lebensbejahendes. Sie haben etwas Leichtes, Sensibles und gleichzeitig Ausdrucksstarkes. Taigas Bilder entführten mich in das Leben Japans im 18. Jahrhundert.

Idemitsu Room with a view

Zum Ausklang wurden die Museumsbesucher in den "Room with a View" geleitet. Ein einfacher Raum mit Stühlen und einer fantastischen Aussicht auf Chiyoda City. Dazu konnte sich jeder kostenfrei einen Tee oder Saft am Automaten ziehen.

2. National Museum of Modern Art (Momat)

Das Museum lag gar nicht so weit weg vom Idemitsu. Ich besuchte das National Museum of Modern Art dennoch erst einen Tag später und fand heraus, dass es im März eine Foto-Ausstellung von dem Japaner Nakahira Takuma zeigte. Von Fotografie verstehe ich wenig, aber beschloss mir die Sonderausstellung trotzdem anzuschauen.

Nakahira Takuma Exhibit

Nakahira Takuma (1938–2015) war ein Fotograf, der vor allem in den späten 1960ern und Mitte 1970er bekannt wurde. Er war einer der Mitbegründer der Provoke-Bewegung. Die Bewegung war bekannt für ihre experimentelle Herangehensweise an die Fotografie, die sich durch rohe, unkonventionelle Bilder auszeichnete.

Die Gruppe hat ausgetestet, was Fotografie als Medium leisten kann. Das radikale Potenzial der Fotografie wurde in Japan damit stärker an ihre Grenzen gebracht als anderswo zur gleichen Zeit. Provoke (sie hat damals das gleichnamige Magazin veröffentlicht.) hat die Nachkriegsfotografie in Japan geprägt und nachfolgende Generationen inspiriert. Mehr Infos zur Ausstellung.

Nakahira Takuma Exhibit Nakahira Takuma Exhibit

Bilder des Fotografen Nakahira Takuma

Die hauseigene Sammlung auf den verbleibenden drei Etagen

Die Dauerausstellung des Museums war aus meiner Sicht die sehenswerteste, die ich in der Zeit gesehen habe. Ich entdeckte Werke von japanischen Künstlern, die anders und gleichzeitig verblüffend ähnlich zu europäischen Werken waren.

Wie das Selbstporträt des japanischen Künstlers Tsuguharu Fujita.

Fujita

Selbstporträt von Fujita, 1929

Unweit entfernt hingen gewebte Motive von Serizawa, die eine eigene Poesie haben.

Fujita

Werk von Keisuke Seriwaza, 1966

Gekrönt wurde die Sammlung von Bildern selbstbewusster zeitgenössischer Malerinnen wie Yasue Kodama, die Farbe sehr bewusst übereinanderlegt.

Fujita

"Untitled" von Yasue Kodama, 1993

Überraschenderweise hatte auch Momat einen "Room with a view" (und dort hieß er sogar so), in dem die Besucher sich in bequemen Polsterstühlen fallen lassen und die Aussicht genießen können.

Momat Room with a view

Blick auf Chiyoda City

Der Museumshop war auch etwas moderner als die der anderen Museen. Ich erwarb ein wunderbares Daumenkino und freute mich wie eine Schneekönigin: Wann hatte ich zuletzt ein gezeichnetes Daumenkino in der Hand?

3. Henri Matisse im National Art Center

In Japan ist alles organisiert und sauber. Nasse Regenschirme gehören zu den Dingen, die vermieden werden. Deshalb ist es üblich, Regenschirme bei dem Eintritt in einen Laden oder ein Restaurant in eine Plastikhülle zu tun. Museen gehen noch einen Schritt weiter und bitten Besucher, ihre Schirme in Schirmständern zu lassen. Der Unterschied zu einem Eimer bei uns, der überfüllt in der Ecke steht, ist eklatant.

Das National Art Center stellt einen ganzen Pavillon zur Verfügung, in dem Besucher ihre Schirme deponieren und festschließen können.

Schirmpavillon

Ich erfuhr, dass es aktuell eine Ausstellung von Matisse gab. Im Grunde hatte ich in den japanischen Museen andere Werke erwartet als die von europäischen Künstlern. Aber da war ich nun. Also schlenderte ich entspannt durch die Leihgaben aus Nizza, in dem Bewusstsein, dort eher wieder sein zu können, als auf der japanischen Insel.

Matisses frühe gegenständliche Werke zu sehen, machte mir bewusst, dass die meisten großen Künstlern ihr Handwerk ganz klassisch durchs Malen lernen. Umso inspirierender war seine künstlerische Entwicklung von klassischen Ölbildern zu großformatigen Collagen.

Die Ausstellung war deutlich besser besucht, als die des Idemitsu und des Momat, so wurde aus dem initalen Schlendern ein geduldiges Schritt-für-Schritt-Laufen. In japanischen Ausstellungen laufen die Besucher in Reih und Glied hintereinander an den Bildern entlang und das idealerweise ruhig und ohne lautstarke Unterhaltungen.

National Art Center Tokyo

Impossante Architektur und ein Kaffee

Leider wurde die zweite Ausstellung im Art Center an dem Nachmittag abgebaut: Contempory Art von Kunststudenten. Die hätte ich gern gesehen. Stattdessen gab es einen Kaffee im Café des imposanten Gebäudes. Japaner lieben gutes Essen genauso wie ich, von daher findet sich überall etwas Leckeres guter Qualität.

4. Der Künstler der Stadt: Hokusai hat ein eigenes kleines Museum

Katsushika Hokusai wurde 1760 in Edo, dem heutigen Tokyo, geboren und begann schon in jungen Jahren mit dem Zeichnen. Sein Werk umfasst eine breite Palette von Themen, darunter Landschaften, Porträts und Szenen aus dem täglichen Leben. Hokusai war ein begnadeter Zeichner, der mit verschiedenen Stilen und Techniken experimentierte.

In Sumida City, einem Stadtteil von Tokyo, gibt es einen faszinierenden kleinen minimalistischen Architekturbau. Es beherbergt das Sumida-Hokusai-Museum und widmet sich der Kunst Hokusai’s und seinem Einfluss auf Tokyo.

Fujita

Das Hokusaimuseum einmal von außen und einmal mit Blick von innen auf eine der Sehenswürdigkeiten Tokyos, den Skytree.

Vielleicht kennst du Hokusai’s Werk "Die große Welle vor Kanagawa"?

Fujita

Under the wave off Kanagawa aus der Serie Thirty-six views of Mount Fuji, 1831

Das Bild wurde zu einem ikonischen Symbol der Kunst Japans. Es zeigt Hokusai’s Fähigkeit, mit einfachen Mitteln Bewegung und Emotion einzufangen.

Der Besucher kann auf zwei Stockwerken durch eine multimediale Ausstellung wandern und die damals von Hokusai gezeichneten Orte mit dem heutigen Zustand vergleichen. Im Museum finden sich Nachbildungen seiner bekanntesten Werke und noch viel besser seiner Skizzenbücher.

Hokusai war ein Meister der Linienzeichnung und seine Ein-Strich-Zeichnungen sind eine Augenweide. Sie erinnern an Konturenzeichnungen, muten aber filigraner und künstlerischer an. Im Raum stehen mehrere Tablets, an denen Besucher versuchen können, die Tiere in einem Schritt nachzuziehen. Ganz schön anspruchsvoll ist mein Fazit nach einem Test.

Fujita

Replika von Hokusais Einstrichzeichnungen und sein Arbeitsplatz. Sind die Tierzeichnungen nicht toll?

5. Tokyo Metropolitan Art Museum

Das Tokyo Metropolitan Art Museum ist eins der meist besuchten Kunstmuseen Tokyos und befindet sich in Ueno direkt beim Zoo, dem Tokyo National Museum und dem Museum für westliche Kunst (das übrigens in einem der wenigen Gebäude aus der Zeit des Brutalismus untergebracht ist). Das Museum verfügt über keine eigene Gemäldesammlung. Im März zeigte es eine Ausstellung der Impressionisten, eine Leihgabe eines US-amerikanischen Museums, darunter sehenswerte Bilder wie die von Zorn und Beckmann.

Viele Japaner scheinen den Impressionismus zu mögen. Dreireihige Menschenschlangen schoben sich in einem Abstand von ab gefühlten 30 Zentimetern zu den Bildern durch die Ausstellungsräume.

Die Ausstellung war mein beengendstes Museumserlebnis, das ich in Tokyo hatte. Von den Bildern habe ich leider nicht soviel mitgenommen, da sie von etwas Entfernung aufgrund der Menschenmengen nicht vollständig zu sehen waren.

Fujita

Eine Extrafotowand ermöglicht es, Fotos im Anschluss an den Besuch zu machen

In die große Kalligrafieausstellung des Museums verirrte sich von den Besuchern niemand mehr. Dort waren die Räume leer. Leider waren aber weder die Werke selbst noch die Infos mit englischen Informationen bestückt, von daher wurde es schnell dröge durch die Kalligrafiekunst zu wandeln.

Das Schönste des Museums war die 91. Blumenausstellung, die im hinteren Teil des Gebäudes lag, und zu der nur wenige Menschen den Weg fanden. Zur Blumenkunst gab es ein paar Schilder, die deutlich machten, dass sehr viel Gedanken und Müde in jedem Ausstellungstück steckte. Leider gab es auch dort wenig bis gar keine englische Information, gern hätte ich mehr erfahren.

Aber die Pflanzen waren wunderschön gesteckt.

Ein Eindruck:

Fujita

Es gab eine unzählbar große Vielfalt an Blumengestecken.

Eine interessante Seite der Kultur liess sich bei den Schließfächern des Museums erahnen. Die Schließfächer sind im Gebäude des Museums verteilt. An einem besucherstarken Tag reichen sie nicht aus. So freundlich und höflich die Japaner im Alltag sind, an den Schließfächern war diese Seite nicht zu sehen. Wo sie sonst eine eine Schlange bilden, galt die Regel "Wer zuerst kommt, ist zuerst dran." nicht mehr. Das führte dazu, dass Schlüsselbesitzer bereits ab der Toilette abgepasst wurden, um eins der begehrten Schließfächer zu ergattern.

Fujita

Begehrte Schließfächer im Gebäude verteilt

Natürlich sind die Museen nur ein Bruchteil von den sehenswerten Orten der riesigen, vielseitigen Metropole.

Die Gaumenfreuden Tokyos locken jedermann und -frau

Wer viel besichtigt, sollte sich auch oft stärken. :) Die Mittagsmenü-Angebote und die unzähligen Essensoptionen sind vorzüglich, zumal die Bilder und die aus Wachs nachgebildeten Essen meistens deutlich machen, was es wirklich zu essen gibt. Ansonsten hilft die Google Translate App aus (die von Apple ist noch ungenauer).

Meine besondere Empfehlung gilt auf jeden Fall den Patisserien an vielen Ecken der Stadt, mit liebevoll und schmackhaft angerichteten Küchlein und Buns - ob traditionell oder westlich beeinflusst, sie waren immer lecker und von sehr guter Qualität.

Fujita

Japanische Backwaren sehen gut aus und schmecken.

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