Wie du bessere Texte schreibst - Im Gespräch mit Bärbel Gerhardt

Seit 1,5 Jahren schreibe ich wöchentlich einen Blogpost. Dennoch fühlt sich das Schreiben manchmal an wie ein zäher Kaugummi. Die Wörter landen dann zähfließend über die Tastatur auf meinem Bildschirm und ich frage mich, wie ich diese Ansammlung an Wörtern in einen lesbaren und fesselnden Text transformieren soll.

Das Phänomen ist übrigens umso stärker, je persönlicher der Text ist.

Ich bin ratlos, wann mein Text nun gut ist und ab wann ich mich zu sehr mit Perfektion quäle. Ist das Schreiben eine Frage der Übung? Oder ist es eher so, dass ich einfach nicht fürs Schreiben gemacht bin?

Es ist Zeit, meine Fragen mit einem Profi zu besprechen. Ich freue mich auf das Gespräch mit Bärbel Gerhardt. Bärbel ist Kommunikations-Expertin und unterstützt seit 2014 Kommunikationsabteilungen und Unternehmer bei allen Themen rund um ihre interne und externe Kommunikation.

Bärbel, du bist Kommunikations-Expertin, was heißt das genau?

Kommunikation ist ein weites Feld und ich habe in meiner beruflichen Laufbahn so ziemlich alle Bereiche durchlaufen: als Marketing-Mitarbeiterin bei verschiedenen Logistik-Unternehmen habe ich strategische Themen bearbeitet wie die Einführung einer Corporate Identity, verantwortete das deutsche Werbebudget und die dazugehörigen Werbekampagnen oder war als Pressesprecherin erste Ansprechpartnerin für Journalisten. Später kamen die interne Kommunikation, Management-Trainings und Events dazu. Alles in allem eine bunte Themenpalette.

Nach über 15 Jahren als Angestellte in weltweit tätigen Konzernen habe ich mich dann selbstständig gemacht. Mein Ziel ist es, meine Kommunikations-Erfahrung aus großen Unternehmen an Solopreneure oder sehr kleine Unternehmen weiterzugeben.

Wie kam es dazu, dass du dich als Kommunikations-Expertin selbstständig gemacht hast?

2012 habe ich meinen Job gekündigt. Ich wohnte damals mit meinem Partner in Brüssel – einer Stadt, in der ich nie angekommen bin – und lebte fast ausschließlich für meine Arbeit. Tag und Nacht klingelte das Telefon – ich war als Kommunikations-Managerin für die Region Europa, den Nahen Osten und Indien zuständig. Zur Ruhe kam ich nie.

Gemeinsam radelten wir dann erst einmal zwei Jahre von Deutschland nach Neuseeland. Danach gab es kein Zurück mehr. Wenn du einmal die Freiheit gewohnt bist und raus aus dem Hamsterrad bist, kannst du nur noch zurück, wenn es nicht anders geht.

Und so habe ich mich selbstständig gemacht. Begonnen habe ich mit Übersetzungen für meinen alten Arbeitgeber. Das hat sich dann sehr schnell weiterentwickelt. Heute arbeite ich an vielen strategischen internen und externen Kommunikationsprojekten – und zwar so, wie ich das möchte.

Ein Bestandteil deiner Arbeit ist das Texten. Welche Art von Texten schreibst du selbst am liebsten?

Reportagen. Ich schreibe auch für Mitarbeitermagazine und in einem davon erscheint immer eine Standortreportage. Und obwohl sich diese Standorte alle ähneln, ist jede Reportage komplett anders. Einmal lief nichts nach Plan, ein toller Aufhänger für eine Story. Ein anderes Mal waren wegen der Pandemie fast alle Mitarbeiter im Homeoffice. Wieder ein komplett anderes Thema.

Für meinen eigenen Blog schreibe ich übrigens auch sehr gerne. Hier kann ich so schreiben, wie und was ich will. Ich muss mich nicht anpassen. Die Themen bestimme ich – mal Persönliches, mal ein Expertenthema.

Du hilfst Unternehmern dabei, bessere Texte zu schreiben. Was zeichnet einen guten Text aus?

Das kommt natürlich immer auf das Format an. Denn Verkaufstexte, Landingpages, Webseiten oder Newsletter haben ganz unterschiedliche Aufgaben und werden daher auch anders getextet. Und doch gibt es grundsätzliche Merkmale, die gute von schlechten Texten unterscheiden:

  • Mach dir zunächst Gedanken, für wen du schreibst und was du mit deinem Text erreichen möchtest.
  • Biete deinen Lesern immer einen Mehrwert. Niemand interessiert sich dafür, wie das Wetter bei dir ist oder ob du heute ausgeschlafen bist (es sei denn, du bist Instagram-Influencer).
  • Schreibe einfach, so dass auch Fachfremde deine Texte verstehen können. Du darfst nicht davon ausgehen, dass jeder tief genug in deiner Materie steckt und Fachwörter versteht.
  • Wenn du um Fachjargon oder Fremdwörter nicht herumkommst, erkläre sie.
  • Schreibe abwechslungsreich. D. h., schreibe kurze Sätze und baue immer mal wieder einen längeren Satz ein. Oder verwende ungewöhnliche Wörter (z. B. banal anstelle von gewöhnlich oder kurios anstelle von merkwürdig).
  • Achte auf deine Rechtschreibung und Grammatik. Das wird oft unterbewertet, kann aber entscheiden, ob du den Auftrag bekommst oder nicht.
  • Strukturiere deine Texte, damit keine Textwüsten entstehen. Arbeite mit Zwischenüberschriften. Achte darauf, dass Absätze nicht zu lang sind, sie dürfen gerne auch mal aus nur einer Zeile bestehen. Und verlier‘ den roten Faden nicht.
  • Lass deinen fertigen Text mindestens über Nacht ruhen. Unrunde Formulierungen oder Tippfehler fallen dir so wieder auf.

Wie lerne ich gutes Schreiben mit passenden, sprachlichen Bildern, die zu mir und meinem Angebot passen?

Ganz klar durch Übung. Ich empfehle meinen Kunden immer, regelmäßig zu schreiben. Und damit meine ich täglich. Es reicht, wenn du dir am Anfang zehn Minuten Zeit nimmst und einfach losschreibst. Dabei ist es erst einmal egal, worum es geht.

Wenn sich das einigermaßen gut anfühlt, kannst du dir dein erstes Schreibprojekt vornehmen, das du auch veröffentlichen möchtest. Um bildlich zu schreiben, solltest du an Alltagssituationen denken, die zu deinem Thema passen.

Einer meiner Instagram-Posts handelte bspw. von meinem Waschmaschinenkauf. Es ging um das Thema, dass es mehr Texter als Nachfrage nach Texten gibt und am Ende mein persönliches Interesse entscheidet. Anhand der Waschmaschine habe ich diesen Prozess beschrieben. Es muss also nicht immer ein großes Abenteuer sein. Wichtig ist, dass du dich in deiner Geschichte auf ein einziges Problem beschränkst.

Bild Bärbel Gerhardt Tipps

Wenn du jetzt noch die Liste oben mit den Schreibtipps für gute Texte beherzigst, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.

Welche Tipps hast du für mich, wenn ich das nächste Mal wieder über meinen kaugummiartigen Textfragmenten sitze?

Es gibt Tage, an denen es nicht fluppt. Das passiert mir auch. Ich höre dann einfach auf, denn das Schreiben und die Kreativität lässt sich nicht erzwingen. Ich gehe dann gerne eine Runde spazieren oder mache Sport, wenn es die Zeit zulässt. Versuche auf jeden Fall, nicht an den Text zu denken.

Oftmals helfen mir auch die üblichen W-Fragen zum Text: Wer? Wie? Was? Warum? Wann? Damit strukturierst du automatisch. Auch meine Checkliste oben kann hier weiterhelfen.

Deadlines helfen (fast) immer. Es gibt Texte, die schiebe ich vor mir her, bis ich kurz vor der Deadline bin. Und dann klappt das auf einmal und die Wörter fließen nur so in die Tastatur. Das ist natürlich schwieriger umzusetzen, wenn man für sein eigenes Business schreibt. Aber wenn du z. B. einen Launch vorbereitest, kann das eine gute Methode sein.

Du bist gerade dabei, ein Angebot für bessere Texte zu entwickeln. Um was handelt es sich und an wen richtet es sich?

Das ist richtig, aber noch nicht spruchreif. So viel sei verraten: Es soll so etwas wie eine Textwerkstatt für Solopreneure werden. Die Teilnehmer können lernen, besser zu schreiben und insgesamt produktiver zu werden. Es geht also auch um Themen wie Selbstmanagement oder Unternehmensführung.

Herzlichen Dank an dich, Bärbel, für deine Tipps.

Es ist Zeit für Mut und bessere Texte

Ich nehme aus dem Gespräch mit Bärbel mit, dass es Übung braucht und auch ein wenig Struktur nicht schaden kann. Bärbels aufgezählte Tipps sind ein wichtiger Wegweiser auf dem Weg zu guten eigenen Texte. Also nur Mut und gutes Schreiben!